Das Ministerium für Schule und Bildung (MSB) hat an seinen Fragen und Antworten zum Datenschutz im Schulbereich in der ersten Februar Woche 2023 Änderungen vorgenommen. Dabei wurden neue Fragen und Antworten ergänzt und bestehende Antworten überarbeitet. Geändert wurde auch die Reihenfolge der Hauptabschnitte. Während bisher Fragen zum Thema Schulhomepage an oberster Stelle standen, stehen dort nun Fragen bezüglich der Genehmigung zur Nutzung privater Endgeräte. Vorangestellt ist diesen Fragen eine Zusammenfassung der Regelungen zur Genehmigung. Hingewiesen wird auch auf den Genehmigungsvordruck, der noch immer nur in der ursprünglichen, mittlerweile auch inhaltlich nicht mehr überall zutreffenden Version von 2018 vorliegt. Dieser Vordruck findet sich in gleicher Form auch in der Dienstanweisung ADV, die ebenfalls den Stand von 2018 hat. Bezüglich der „Zulässigen Verarbeitung von personenbezogenen Daten auf privaten Endgeräten“ haben sich einige Veränderungen ergeben, welche auch die neuen Rechtsgrundlagen aus dem 16. Schulrechtsänderungsgesetz wie auch den Änderungen von VO-DV I & II berücksichtigen. Dazu gehört die Hinzunahme von sonstigem sozial-/pädagogischen Personal in den Kreis der Personen, welche die Genehmigung erhalten können. Auch Anmerkungen zur Nutzung von WhatsApp auf einem genehmigten Endgerät finden sich jetzt unter dieser Frage aufgeführt. Bei den Fragen zu konkreten IT-Anwendungen auf Privatgeräten wurde dieser Inhalt entfernt. Die umfangreichsten Änderungen gab es in der Fragensammlung unter „Sonstige Fragen zum Datenschutzrecht an Schulen.“ Aus den ursprünglich 11 Fragen wurden hier 18 Fragen. Das MSB hat hier in Orientierung an der Schrift der LDI NRW Digitaler Unterricht in Schulen – Der Grundstein ist gelegt1Siehe hierzu auch LDI NRW veröffentlicht Dokument zum digitalen Unterricht in Schulen Fragen ergänzt und bestehende Antworten angepasst. Deutliche Änderungen gibt es beispielsweise bezüglich der Erfordernis der Einwilligung zu bestimmten Datenverarbeitungen. Hier wurde vor allem der Aspekt der Freiwilligkeit der Einwilligung deutlicher herausgearbeitet. Auf den Hinweis, dass für Bild- und Tonaufnahmen eine Einwilligung erforderlich ist, wurde verzichtet. Stattdessen weist man auf die in VO-DV I & II als zulässig aufgeführten Datenverarbeitungen hin und erklärt: „ Für die grundlegenden schulischen Hauptaufgaben des Lehrens und Lernens sind Einwilligung daher nicht erforderlich. Die Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags kann nicht von freiwilligen und jederzeit widerruflichen Einwilligungserklärungen abhängen.“ Zu den neu aufgenommenen Fragen gehört auch das Thema privater Fotografien auf Schulveranstaltungen. Dort wird einmal betont, dass die Schule „nach datenschutzrechtlichen Maßgaben nicht dafür verantwortlich, ob und welche Fotos von Eltern oder Schülerinnen und Schülern privat erstellt werden und wie damit umgegangen wird.“ Es wird jedoch angeraten, Eltern vorab zu sensibilisieren. Außerdem können Schulleitungen von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und Aufnahmen untersagen. Neu sind auch Informationen zum Umgang mit Datenpannen. Die Antwort fällt knapp aus und es wird auf Hinweise verwiesen, die „sich weiter unten in dieser FAQ-Liste unter „DSGVO: Meldung von Datenschutzverletzungen“.“ finden sollen. Diese Hinweise gibt es jedoch (mit Stand vom 05.02.2023) an keiner Stelle in der FAQ-Liste. Ebenfalls ergänzt wurde das Thema Kopien eigener schulischer Unterlagen für Schülerinnen und Schüler. Hier wird einmal auf das Recht auf Einsicht gem. § 120 Abs. 9 SchulG NRW verwiesen wie auch das Auskunftsrecht nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO und das Recht, Kopien zu erhalten, die einmalig kostenlos zu erstellen sind. Zum Thema Abschlussarbeiten/-klausuren etc. wird auf Blickpunkt Unterricht im Internetauftritt des MSB verwiesen. Dort finden sich Hinweise unter dem Stichwort „Notengebung, Zeugnisse, Versetzung“: „Wann kann ich meine schriftlichen Abschlussarbeiten/-klausuren (z. B. der Zentralen Prüfungen 10 oder die Abiturklausuren) einsehen oder diese zurückbekommen?“ Mit aufgenommen in die FAQ wurden auch Informationen zur verpflichtenden Nutzung von Lehr- und Lernsystemen sowie Arbeits- und Kommunikationsplattformen und Videokonferenzsystemen, da die Möglichkeit hierzu seit dem 16. Schulrechtsänderungsgesetz besteht. In den dortigen Ausführungen verweist man ebenfalls auf die Schrift der LDI NRW. Von dort kommen auch die Hinweise zum Einsatz von Telepräsenzrobotern im Unterricht.
Die für viele Schulen mit Sicherheit am interessanteste Änderung in den FAQ gibt es zu der Frage Wie sieht die datenschutzrechtliche Bewertung zu Microsoft 365 für den schulischen Einsatz in NRW aus? Hier hat es eine deutliche Veränderung in der Positionierung des MSB zu dieser Frage gegeben. Man weist zunächst auf die weiterhin bestehenden „datenschutzrechtlichen Bedenken gegen die Nutzung von MS 365-Produkten“ hin. Wie bisher empfiehlt man stattdessen die Beschaffung und Nutzung von Logineo NRW stellt – wie seit Jahren – die vorgesehene Anbindung einer Office-Komponente in Aussicht. Dann aber kommt die entscheidende neue Positionierung des MSB.
„Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Produktfamilie MS 365 um in Wirtschaft und Verwaltung weit verbreitete Anwendungen handelt. Insofern ist zu berücksichtigen, dass der Bildungs- und Erziehungsauftrag von Schule (§ 2 SchulG) auch den Aspekt des digitalen Kompetenzerwerbs beinhaltet, um für ein Studium und für berufliche Handlungsfähigkeit in einer digitalisierten Welt zu befähigen. Zudem waren bzw. sind einzelne Anwendungen, trotz offener datenschutzrechtlicher Fragestellungen, zur Organisation und Durchführung z.B. von digital erteiltem Distanzunterricht vielfach unumgänglich. Insoweit ist die Verpflichtung leitend, den – verfassungsmäßigen – Anspruch der Kinder und Jugendlichen auf Bildung erfüllen zu können; im Kern handelt es sich also um eine Grundrechtsabwägung. Aus Sicht des MSB ist somit insgesamt ein generelles Verbot der Verwendung von MS-Produkten weiterhin derzeit nicht angezeigt.„
Während sich das MSB bisher auf die Nichtempfehlung der LDI NRW zurückzog, gibt man Schulen jetzt quasi gelb-grünes Licht für eine unterrichtliche Nutzung von Microsoft 365. Dazu führt man verschiedene Argumente an, die dann in der Aussage münden, dass es derzeit nicht für sinnvoll hält, Microsoft 365 generell zu verbieten. Um zu erklären, warum das MSB die Nutzung der Plattform nicht generell untersagt, argumentiert man wie folgt:
- Die Plattform ist in Wirtschaft und Verwaltung weit verbreitet.
- Schülerinnen und Schülern müssen in der Schule die erforderlichen Kompetenzen erwerben, um Handlungsfähigkeit zu erhalten in einer digitalisierten Welt, sowohl im Studium wie auch im Beruf.
- Bezüglich einzelner Anwendungen aus der Microsoft 365 Produktfamilie gibt es zwar noch offene datenschutzrechtliche Fragen, doch die Nutzung war und ist vielfach unumgänglich. Die Organisation und Durchführung von digital erteiltem Distanzunterricht ist ein Beispiel, doch es kann hier auch andere Anwendungsfälle geben.
- In einer Grundrechtsabwägung zwischen dem verfassungsmäßigem Recht auf Bildung und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Datenschutz) hat das Recht auf Bildung für das MSB mehr Gewicht.
Bewertung
Die Anpassung der FAQ war überfällig. Leider ist wie seit Jahren für Lehrkräfte, Schüler:innen und Eltern nicht nachvollziehbar, wann welche Änderungen in den FAQ stattgefunden haben, sofern man nicht durch das MSB schriftlich über die Änderungen informiert wurde. Dieses ließe sich leicht abstellen, indem ein Änderungsdatum hinter die jeweilige Frage gesetzt würde. Dann wäre leicht zu erkennen, ob es eine Änderung gegeben hat. Um die Änderungen zu erkennen, sollte es immer auch eine Kopie der alten Versionen geben. Hier könnte man sich leicht an der Systematik eines Wiki orientieren.
In der Anpassung der FAQ werden mit zeitlicher Verzögerung von fast einem Jahr! die Veränderungen im SchulG NRW wie auch den beiden Verordnungen zur Datenverarbeitung nachvollzogen. Es werden dabei viele Fragen beantwortet, mit denen sich Schulen wie auch einzelne Betroffene an das MSB direkt gewandt haben dürften.
Gerade die Frage nach der Zulässigkeit einer Nutzung von Microsoft 365 in der Schule beschäftigt viele Schulleitungen, vor allem seit der Positionierung der DSK im November 2022.2Siehe dazu auch Warum die Datenschutzkonferenz MS365 in Schulen nicht für nutzbar hält Hier dürfte die nun deutlich zu Gunsten einer Nutzung von Microsoft 365 ausfallende Positionierung des MSB für Erleichterung sorgen. Auch wenn das MSB weiterhin auf der sicheren Seite bleibt sich nicht zu sehr aus der Deckung wagt, so erhalten Schulen wie auch Schulträger mit dieser Aussage eine Planungssicherheit. Schulen sollten aber trotzdem berücksichtigen, dass die Nutzung von Microsoft 365 nur in Grenzen möglich ist und mit geeigneten technische und organisatorische Maßnahmen einhergehen sollte, mit denen die voraussichtlich hohen Risiken für die Nutzenden auf ein vertretbares Minimum reduziert werden. Auch die Aufsichtsbehörde hat bei Microsoft 365 noch ein Wörtchen mitzureden. Siehe dazu auch den Beitrag Microsoft 365 – Stand Ende 2022.
Es ist davon auszugehen, dass das MSB mit seiner neuen Positionierung zu Microsoft 365, auch wenn sie recht weich formuliert ist, nicht nur Lob ernten wird. Vor allem Kritiker von Microsoft, Netz- und Datenschutzaktivisten wie auch Vertreter aus der Open Source Community und aus der deutschen Softwarebranche werden hier eine andere Positionierung erwartet haben, zumal damit alternativen Plattformen wie auch der eigenen Landeslösung Logineo NRW ein Stück weit das Wasser abgegraben wird.
Gegenüberstellungen von einzelnen Fragen & Antworten in alter und neuer Version als PDF Datei, für alle, die selbst vergleichen möchten. Links jeweils die Version von Januar 2022, rechts die neue Fassung von Februar 2023.
2 thoughts on “Änderungen in den FAQ Datenschutz beim MSB NRW”