Offen einsehbare personenbezogene Daten im Klassenraum – Datenschutzproblem?

Frau Dr. Imke Sommer berichtet im 5. Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit der Freien Hansestadt Bremen, über zwei Meldungen gem. Art. 33 DS-GVO, in denen es um die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten in der Schule durch offen einsehbare Daten ging. In beiden Fällen ging es darum, dass Daten unsachgemäß aufbewahrt worden und dadurch für Dritte, nicht befugte Personen einsehbar waren. Im ersten Fall ging es um eine berufliche Schule. Dort waren in einem „Klassenraum Atteste von Schüler:innen, Klausuren sowie Adresslisten gefunden worden.“ Wie die Landesbeauftragte anmerkte, handelte es sich dabei sogar um besonders schutzwürdige Daten gemäß Art. 9 DS-GVO. Grundsätzlich dürfen personenbezogene Daten nur so verarbeitet werden, dass ihre Integrität und Vertraulichkeit gewährleistet sind. Außerdem muss eine „angemessene Sicherheit der personenbezogenen Daten gewährleistet [sein], einschließlich des Schutzes vor unbefugter oder unrechtmäßiger Verarbeitung und vor unbeabsichtigtem Verlust, unbeabsichtigter Zerstörung oder unbeabsichtigter Schädigung.“ Die Schule wurde von der Aufsichtsbehörde angewiesen, „die Unterlagen unverzüglich in sichere Verwahrung zu nehmen.

Der zweite Fall betraf eine Grundschule und die Nutzung einer Verhaltensampel. Die Aufsichtsbehörde wurde hier bezüglich der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Einsatzes im Klassenraum angefragt. Die Verhaltensampel befand sich neben der Tafel und zeigte Fotos aller Schüler:innen mit einer Ampel, auf welcher das Verhalten des jeweiligen Kindes markiert wird. Die Landesbeauftragte sieht die Nutzung einer Verhaltensampel als möglich, sofern die dabei stattfindende Datenverarbeitung zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule erforderlich ist. Datenschutzrechtliche Bedenken sieht sie jedoch „immer dann, wenn der Klassenraum auch von anderen Personen als den Schüler:innen der betreffenden Klasse und den Lehrer:innen, die diese unterrichten, genutzt wird und dadurch ein größerer Personenkreis von den auf der Verhaltensampel befindlichen Informationen Kenntnis erlangt.“ Dem kann abgeholfen werden, in dem die Verhaltensampel abgedeckt wird, wenn der Raum von anderen Personen genutzt wird.

Bewertung

Dass in Klassenräumen zuweilen Entschuldigungen und Atteste im Klassenbuch liegen oder ein Stapel mit Klassenarbeiten in einem Regal, ist schulischer Alltag, aus Sicht von Datenschutz jedoch nicht unproblematisch. Entschuldigungen und Atteste sind ein wichtiger Nachweis für Fehlzeiten und unterliegen Aufbewahrungspflichten. Sie dürfen also nicht verloren gehen. Da sie auch sensible personenbezogene Daten enthalten, sollten sie auch nicht für jedermann einsehbar sein. Auch Klassenarbeiten und Klausuren stellen personenbezogene Daten dar. Die Frage der Vertraulichkeit kommt auch regelmäßig im Zusammenhang mit Klassenbüchern auf, in denen eben nicht nur Stundeninhalte und Hausaufgaben notiert, sondern auch Absenzen und Zuspätkommen vermerkt werden. Der beste Ort für die datenschutzgerechte Aufbewahrung von Entschuldigungen und Attesten dürfte eine Kladde in der schulinternen Verwaltung sein, wo auch andere Klassenunterlagen aufbewahrt werden. Das Klassenbuch sollte idealerweise am Aufbewahrungsort für alle Klassenbücher, meist in der Nähe des Lehrerzimmers, verwahrt werden, wenn Unterrichtsschluss ist. Liegt es in der Klasse, sollte diese verschlossen sein, wenn sich keine Schüler:innen der Klasse darin aufhalten. Während Entschuldigungen und Atteste in NRW nicht digitalisiert werden dürfen, können Klassenbücher elektronisch geführt werden. Das ist zu empfehlen, da dieses nicht nur die Arbeit erleichtern kann, sondern auch den Zugang zu den darin verarbeiteten personenbezogenen Daten einschränkt.

Bei Verhaltensampeln ist klar, wird der Klassenraum von anderen Personen als Mitgliedern der Klasse genutzt oder ist von außen einsehbar, muss die Verhaltensampel verhängt werden, wenn außerhalb des Unterrichts der Klasse Fremde in den Klassenraum kommen bzw. sie muss so aufgehängt werden, dass sie von außen nicht einsehbar ist.

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